Stadt vs. Strand - uns fällt die Wahl nicht schwer

Im Hintergrund unser Parkplatz mit der Ruine des Torre, unser WoMo wird hier verdeckt vom neuen Strandpavillon

 

Nach unserem Besuch bei Ramona und Vito zwischen Turi und Putignano verfahren wir uns ein klein wenig in der Dämmerung und statt auf dem nicht sehr malerischen, aber praktischen und kostenlosen Wohnmobilstellplatz in Castellana Grotte mit Ver- und Entsorgungsmöglichkeiten unterhalb einer Olivenölfabrikation landen wir auf den Parkplätzen der berühmten Tropfsteinhöhle am Ort, die die Kinder aber partout nicht besichtigen wollen, auch nicht am nächsten Tag. Ich habe daher ein ungutes Gefühl, einfach dort zu bleiben über Nacht - was für höhlenbesichtigende Wohnmobilisten erlaubt ist - und so suchen wir uns den Weg durch die dunklen Straßen von Castellana Grotte bis zu unserem eigentlichen Ziel. Dieser Stellplatz, eine betonierte und umzäunte Fläche, ist wirklich nicht besonders schön, aber wir haben ihn zumindest für Ver-und Entsorgung in der Gegend mehrfach genutzt und einmal auch übernachtet.

Bei unserem ersten Besuch dort hält nachmittags ein Auto, aus dem ein Mann aussteigt und einige Katzen füttert, die dort herumlaufen - das fanden wir alle schön zu sehen nach den ganzen abgemagerten und überfahrenen Tieren auf den Landstraßen. Am Morgen habe ich den Gassigang mit den Hunden ganz unerwartet weit ausdehnen können über schmale, kleine Sträßchen, an mit diesen unheimlich schönen Natursteinmauern eingefassten Oliven- und Kirschplantagen vorbei. Eine solche Umgebung hätte ich dem doch sehr sachlichen Stellplatz gar nicht zugetraut.

 

Wir sind alle nicht so die Stadtmenschen und auch mit den üblichen Touri-Kultureinheiten wie Kirchen, Paläste, Museen & Co haben wir nix am Hut. Uns ist Menschengedränge und Stadtlärm unangenehm und auch die Hunde halten sich lieber abseits von belebten Gegenden auf, aber zwei Städtchen wollte ich mir in Apulien dennoch mal anschauen.

Wir fahren also nach Alberobello, die Stadt der Trulli/UNESCO-Weltkulturerbe, und treffen am "Bosco Selva", einem geschützten Eichenwald in der Nähe, den ich ansteuere, weil ich mal wieder jeglichen Parkplatz in der Stadt verpasse, auf Streunerchen Luke . Ausserdem regnet es in Strömen. Nach Alberobello rein komme ich daher bei diesem Besuch nicht mehr.

 

Deshalb möchte ich am folgenden Tag auf dem Weg zum Meer wenigstens Ostuni anschauen, "la città bianca", die Kids sind mäßig bis überhaupt nicht interessiert und nur der Hinweis auf eine ganz tolle Eisdiele, die es dort geben soll, setzt sowas Ähnliches wie eine Art Kooperationsbereitschaft in Gang.

Schon als wir heranfahren an die "weisse Stadt", die auf einem und rund um einen Hügel erbaut ist, was schon mal beeindruckend aussieht, sieht Mia das Ganze ziemlich kritisch: "Na, die sollte lieber "graue Stadt" heissen!" Irgendwie hat kann sie diesem leicht oder mitunter auch stärker abgerissenen Touch südlicher Bauten, den manch einer von aussen oft als pittoresk wahrnimmt, so gar nichts abgewinnen. Nachdem wir nach einigem Herumgekurve (abgelenkt von einem handgemaltem Schild mit WoMo-Symbol, das auf den Parkplatz einer Autowerkstatt führt - clever, clever!) den im Wohnmobilführer angegebenen Parkplatz gefunden haben mit Entsorgungmöglichkeit (übrigens die versiffteste, die ich auf der ganzen Tour je gesehen habe... und das in einer Stadt, die von etlichen Touristen besucht wird), kapiere ich zunächst nicht, was der Parkscheinautomat von mir will. Das geht aber nicht nur mir so und es sammelt sich eine kleine internationale Menge diskutierender und rätselnder Touristen. Die Fremdprachenauswahl am Automaten funktioniert nicht. Schließlich haben wir aber alle verstanden, dass man zuerst sein Autokennzeichen eingeben muss, dann auch eigentlich auswählt ob PKW oder WoMo, aber das habe ich in der Aufregung nicht hingekriegt und so parken wir mit dem billigeren PKW-Ticket. Wir wollen aber eh nur zwei Stündchen bleiben und nicht die vollen vier Stunden nutzen, so dass sich das wieder ausgleicht, findet mein Sinn für Gerechtigkeit. Wir machen uns mit den Hunden auf den Weg. Noly ist an Halsband und Sicherheitsgeschirr befestigt, Klein-Marbo benötigt das nicht. Nach dem ersten Ründchen durch die Gassen von Ostuni entscheiden wir, die Hunde zum WoMo zurück zu bringen, da Noly wirklich extremen Streß hat und ich sie kaum halten kann. Wir wollen einen Park queren, aber Schilder, die einen Maulkorb für Hunde verlangen, lassen uns doch lieber den Umweg aussenrum nehmen. Zum Glück steht das Wohnmobil im Schatten, Mia füllt den Wassernapf der Hunde, stellt den Ventilator an, und dann machen wir uns ohne Vierbeiner nochmal auf den Weg, denn wir wollen ja die Eisdiele finden.

 

Ostuni - wo geht's denn hier zum Eis???

Das ist gar nicht so einfach, besonders mit einer orientierungsbehinderten Person wie mir an der Spitze, aber wir finden unser Ziel nach langem Umherlaufen, doch sie ist noch nicht geöffnet. Aaaah, was nun?? - Vollkatastrophe - die Kids haben sich nach der Straßenrennerei mir zuliebe echt ein Eis verdient! Ich schlüpfe unter dem halb herabgelassenen Rollladen des Lokals hindurch und frage an der Theke auf allerfeinstem duolingo-Italienisch, ob noch geschlossen ist. Eine Stimme von hinten antwortet mir freundlich auf Englisch. Ich bin eine Runde beleidigt.

Aber nicht lange, denn das Personal ist überaus nett und kredenzt uns aus den Eissorten, die bereits fertig sind (leider keine der besonders gerühmten Schokoladeneissorten) feine Leckereien in eigens mit Schokolade ausgegossenen Hörnchen. Wir dürfen unter der Markise Platz nehmen, inzwischen hat es - mal wieder - angefangen zu regnen, und so sitzen wir mit angezogenen Beinen und leicht fröstelnd, aber trotzdem unser Eis geniessend mitten in Ostuni. Unter uns strömen Wasserrinnsale über den schrägen Marktplatz.

Nun hält uns aber echt nix mehr, wir fahren weg vom Regen, raus aus der Stadt, wieder ans Meer (wo tatsächlich auch die Sonne scheint), diesmal südöstlich von Monopoli zu einem echt sehenswerten Strand. Wir stehen direkt an der Küste auf einem Parkplatz vor einer Turmruine. Der Strand und die behauenen Felsen gefallen uns ausnehmend gut und wir bleiben gleich zwei Nächte, "unterhalten" uns mit einem tintenfischfangenden jungen Italiener, genießen die Sonne, das Meer, die Parkour-Möglichkeiten für Jakob und beobachten viele Strandtierchen wie Eidechsen, Krabben, Garnelen usw. Als ich am ersten Morgen an der Straße entlang marschiere in der Hoffnung, ein Geschäft zu finden, in dem ich etwas Brot und Obst kaufen kann, treffe ich auf eine kleine, leider abgesperrte Höhlenkapelle mit einem hübschen runden Fenster. Infotafeln berichten von der Via Traiana, die hier entlangführte, von Rom nach Brindisi als Abkürzung der Via Appia. Man kann auf den Klippen noch Spurrillen ausmachen, doch große Teile der ehemaligen Militär- und Handelsstraße sind bereits ins Meer gestürzt.

Es gibt an dieser Stelle auch einen Campingplatz, aber niemand regt sich darüber auf, dass wir einfach auf dem Parkplatz nächtigen. Neben uns wird fleissig an einem Pavillon gewerkelt, der zur Saison wohl eine Strandbar werden soll. Am zweiten Abend gesellen sich noch zwei französische Paare mit ihren Wohnmobilen dazu, auch das ist anscheinend kein Problem jetzt in der Vorsaison, wie wir überhaupt nie seltsam angeschaut wurden auf unseren freien Plätzen. Wir haben hier lediglich darauf verzichtet, auf den im WoMo-Führer angegebenen Parkplatz hinter der Tumruine zu fahren, da 1. die Zufahrt sehr ausgewaschen und holprig scheint und 2. wir entdeckt haben, dass der Platz nachts von Fischern benötigt wird für ihre PKWs mit auf das Dach geschnallten motorisierten Schlauchbooten, weil von dort eine Rampe ins Meer führt, auf denen sie die Boote runterlassen. Das wäre schon echt unverschämt gewesen, dort zu parken, nur weil die Aussicht so schön ist...

Wenn wir gewollt hätten, hätten wir morgens also fangfrischen Fisch am Stand neben unserem Stellplatz kaufen können, aber da wir größtenteils keine Tiere verzehren (und Jakob eher Fleisch als Fisch) und unser Kühlschrank nicht wirklich funktioniert, war das für uns keine Option. Unsere französischen Nachbarn haben die Möglichkeit (natürlich ;) ) genutzt und kamen so auch mit den Leuten dort ins Gespräch.

 

Wir würden immer, immer, immer einen Aufenthalt am Strand/ in der Natur einem Besuch in der Stadt vorziehen. Ist für uns bereichernder, ist für die Hunde schöner, und es ist wirklich irre toll, beim Aufwachen morgens auf's Meer zu schauen. Das überaus Praktische an unserer Kultur-Ignoranz ist, dass ich immer nur ein Drittel des Reiseführers lesen muss :D .

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