"La Ramonette" - unsere wunderbar inspirierende Station in Südfrankreich

Wir sind vor 10 Tagen angekommen auf "La Ramonette", dem Hof unserer Schwägerin und Tante  in den Corbières, Südfrankreich. Sind dann vorher doch nicht mehr nach Spanien reingefahren und auch nicht an die französische Mittelmeerküste, wie wir uns eigentlich überlegt hatten, sondern haben spontan entschieden, die Fahrerei etwas zu minimieren und haben drei ruhige Tage und Nächte an einem kleinen See hier in der Nähe verbracht. Es ist einfach oftmals stressig, jeden Tag auf's Neue aufzubrechen, Strecke zu machen, zwischendurch Wasser- und restl. Versorgung zu erledigen, Wege für Hundespaziergänge zu finden und sich am neuen Ort dann wieder einzurichten. Da wir einen ruhigen, geschützten Stellplatz am kleinen See von Arques gefunden hatten, wo wir niemanden und wo uns niemand störte und man prima mit den Hunden laufen konnte, sind wir dann einfach geblieben. Am ersten Tag war das Wetter so schön, dass wir im See schwimmen konnten, eine Wohltat nach zehn Tagen Fahrt mit, tja, sagen wir, rudimentären hygienischen Verhältnissen. Ordentlich Regen haben wir dort auch mitbekommen und das genutzt, um Abrechnungen zu aktualisieren, zu lesen, hemmungslos zu chillen und nach den Regengüssen schöne Hundespaziergänge zwischen in den Hügelkuppen hängenden Nebelfeldern zu machen - eine ganz besondere Atmosphäre.

 

Wir freuten uns riesig, anschliessend auf "La Ramonette" anzukommen, wo wir früher schon schöne Urlaube verbringen durften. Unser Wohnmobil steht nun in Schräglage auf einem kleinen Platz, den wir auch gleich für die Hunde einzäunen durften. Dementsprechend schlafe ich nun bergauf - auch eine Erfahrung (die mir im Übrigen ganz recht geschieht, da ich zuhause im Campingbedarfshop großmäulig meinte, Ausgleichskeile seien nun wirklich eine verzichtbare finanzielle Ausgabe... Das sehe ich übrigens immer noch so :) ).

Dieses Mal steht unser Aufenthalt nicht so sehr im Zeichen des Urlaubs (denn wir haben ja jetzt Dauerurlaub :) ). Wir kamen nämlich rechtzeitig zu Beginn der Maronenernte  und -verarbeitung an, sind in den ersten zwei/drei Tagen weitläufig durch die Wälder gestreift und haben kiloweise Eßkastanien gesammelt, die anschliessend mittels einer aus einer Waschmaschinentrommel und Motor selbstgebauten Schälmaschine und Flammenwerfer geröstet und geschält werden und anschliessend manuell von Schalenresten gereinigt und zerkleinert werden müssen, so dass sie in der Trockenveranda getrocknet werden können. Die etwas fisselige Arbeit wird durch den köstlichen Geruch gerösteter Maronen, das Naschen zwischendurch und die Möglichkeit für ausgedehnte Gespräche bei der gemeinsamen Arbeit versüßt.

Es ist so bereichernd, zu erleben, in welcher Fülle einen die Natur mit ihren Gaben beschenkt und hier erlebt man jeden Tag auf's Neue, wie vielfältig man diese nutzen kann. Esskastanien kann man für so Vieles verwenden, ich kannte sie von früher höchstens aus einer Gänsebratenfüllung oder geröstet vom Weihnachtsmarkt. Hier machen sie momentan einen guten Teil der täglichen Nahrungsmittelaufnahme auf, ob als Paste mit Äpfeln und Gewürzen, als Brotaufstrich, roh, geröstet, gekocht, als Kastanienmehl in Omeletts oder Suppen und Saucen, auch "Kastanienmilch" haben wir probiert. Maronen sind sehr nahrhaft und enthalten viele Vitamine und Mineralstoffe. Mia ergoogelte insbesondere Vit. E und die Vitamine B sowie Magnesium.

 

Die Umgebung hier ist landschaftlich wunderschön, abwechslungsreich, auch von der Bevölkerung her abwechslungsreich, denn vor mehr als 30 Jahren zog die Gegend hier viele Menschen aus allen möglichen Ländern an, die dem Konsum- und Leistungswahn entfliehen wollten, und da die Einwohner allmählich "ausstarben", war vielerorts Land preiswert zu haben. Dies ist heute leider nicht mehr der Fall, aber hier lebt und wirkt nun eine bunte Mischung an Selbstversorgern, Künstlern, Handwerkern, Idealisten und weiteren interessanten Personen und Persönlichkeiten, die die Gegend prägen und uns inspirieren. Hier wird so viel wie möglich selbst gemacht, man lebt ein ländliches Leben mit und in der Natur, mit wenig Geld und viel Arbeit, aber mit Energie und Kreativität und großem Interesse an persönlicher Entwicklung.

"La Ramonette", einstmals als im Wald gelegene Bruchsteinruine einer alten Scheune ohne Dach erstanden, verändert und entwickelt sich seit mehr als 30 Jahren und zeugt für mich persönlich bei jedem meiner Besuche erneut vom Wert eines alternativen Lebens ganz nahe am "Sein". Hier ein paar Eindrücke:

Neben der Arbeit bleibt auch Zeit für Aktivitäten wie schönen Spaziergängen, Schwimmen in Thermalwasser, einer Übernachtung in einer Grotte im Wald mit Lagerfeuerchen, Wanderungen durch ausgetrocknete Bachbetten mit Klettereinheiten, dem Besuch von Märkten in der Umgebung, einer Eselwanderung heute morgen - na gut, die war eigentlich nicht geplant. Die drei Esel Dany Balthasar, Chicotte und Valentin waren ausgebüxt und morgens im nächsten Dorf angekommen, von wo wir sie dann zwei Stunden über Höhenwege mit wunderschöner Aussicht wieder zurückführen durften. Ich war danach total platt, hatte keine Kraft mehr, die An- und Abstiege waren doch etwas viel so auf nüchternen Magen. Aber dies führte immerhin dazu, dass ich Lust bekam, endlich im Blog etwas zu berichten von hier. Viele fragen schon nach: Was macht Ihr so? Wie geht es Euch? Wann gibt's etwas Neues zu lesen von Euch?

Meine Lust, mich an den Laptop zu setzen, hielt sich bislang hier ziemlich in Grenzen - es ist einfach nicht der Ort und die Zeit, also: Für mich nicht der Ort und die Zeit, um sich hinter'm Bildschirm zu vergraben (die Kids sehen das z.T. gewaltig anders, was des Öfteren zu Kontroversen führt ;) ).

Aber es gibt hier so viel zu erleben, so viel in sich aufzusaugen, ich bin da, wo ich am liebsten bin: Mitten in der Natur (mit allen Annehmlichkeiten eines festen, dazu noch sehr idyllischen Daches über dem Kopf). Da passt der Laptop nicht so wirklich dazu. Bis vor ein paar Jahren gab es hier auf Ramonette nicht mal eine Internetverbindung, einen Fernseher gibt es sowieso nicht, das ist für mich allerdings keine Umstellung, da ich seit 20 Jahren ohne Flimmerkiste ganz prima überlebe :) . So ist Zeit für viele inspirierende Gespräche und Diskussionen, die diesem Aufenthalt eine ganz spezielle Würze geben,  vielleicht auch Prozesse und Entwicklungen anstossen - das ist für mich so wertvoll, dass ich die Atmosphäre bislang nicht durch die schnöde Technik entweihen wollte. Doch heute mittag, mit wackeligen Eselwanderungs-Beinen und endlich dem ersten späten Kaffee im Bauch, habe ich Lust bekommen, ein bisschen zu berichten und Euch teilhaben zu lassen.



Baden in Thermalwasser am "Plouff"

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Anna (Montag, 12 Oktober 2015 18:28)

    ich war schon auf Entzug... und freue mich total über den Bericht und die schönen Fotos. Bitte mehr davon!!! Auch wenn ich es total gut verstehen kann, dass man manchmal mit dem LEBEN selbst so ausgefüllt ist und jetzt nicht überlegen will, so, was erzähl man jetzt und wie... Aber IHR hattet den Blog angefangen und mich neugierig gemacht! Selber schuld!

  • #2

    Miku (Donnerstag, 15 Oktober 2015 22:22)

    Schöner Beitrag und es tut nebenbei gut wieder Bilder von dir zu sehen, Mia, haha. Ich werde mehr lesen, bin neugierig. Und ich hoffe es gibt mehr solcher tollen Bilder.