Begegnungen in Apulien 3 - So fängt man... Ja, was eigentlich? - Kommunikation mit Händen und Füßen

Und es geht doch...

 

Selbst wenn man nicht die selbe Sprache spricht, irgendwie kann man sich verständigen.

 

Am (wettertechnisch) schönsten Tag und eigentlich auch schönsten Strand unserer Tour trafen wir einen jungen Mann, den wir eine Weile aus einiger Entfernung beobachteten, wie er auf den Felsen im Wasser entlanglief und mit einer Art Angel (?) hantierte. Die gleichen Bewegungen und Ausrüstung hatte ich schon an anderen Stränden erspäht und war neugierig, was es damit wohl auf sich hatte. "Richtiges Angeln" war das nicht, was da geschah und sah doch ziemlich zielgerichtet aus.

Jakob und ich streiften an diesem Morgen durch die künstlich bearbeitete Felslandschaft, beobachteten ausgiebig Fische, Krabben, Einsiedlerkrebschen und Eidechsen, Jakob frönte seiner Parkour-Leidenschaft, als auf einmal unser Weg sich mit dem des jungen Fischers kreuzte.

Trotz meiner ambitionierten Versuche, vor unserer Fahrt per duolingo einige Brocken Italienisch zu lernen, merkte ich alsbald, dass die dort benutzten Beispielsätze wohl nicht ganz so auf Alltagstauglichkeit getestet worden waren, jedenfalls verstand ich zwar einige wenige Wörter, aber konnte mich fast überhaupt nicht verständlich machen. (Es war in dem Moment irgendwie einfach nicht passend :"Il gatto bebe leche." zu sagen ;) ). Aber unsere neugierigen Blicke genügten dem freundlichen Italiener, der seinerseits wohl ausschließlich Italienisch sprach, um uns heranzuwinken und uns seine Ausrüstung zu zeigen. Kurz konnte ich seinen erläuternden Redeschwall unterbrechen: "Scusi, non parlo molto italiano.", beeindruckte ihn damit aber nicht sonderlich. (Naja, er sprach ein klein wenig langsamer und durchsetzte seine Erklärung hin und wieder mit "Capisci?", ansonsten ging es unvermindert freundlich und wortreich weiter). Wir hatten kapiert, dass er irgendetwas jagte mit einer dicken Nylonschnur, die an einen dickeren Holzstab geknüpft war. Verschiedene Köder wie Krabben, ein Fischkopf und ein Hühnerfuß waren in Abständen an die Schnur geknotet, unten ein dickes Bleigewicht, völlig ohne Haken das Ganze. Ausserdem hatte er einen Kescher dabei, der am entgegengesetzten Ende in einen Dreizack auslief. Jakob hat zuhause versucht, das aus dem Kopf noch einmal zu zeichnen (ich habe aber in Erinnerung, dass die Schnur mittig an dem Stock befestigt war, sie wurde nämlich bei Nichtgebrauch einfach aufgerollt). Naja, egal...

Der junge Mann hantierte lebhaft mit den Händen , zeigte auf die Krabben in den Felsen, die wir soeben noch beobachtet hatten, ich nahm an, dies sollte heissen, er würde Jagd auf diese machen, das fand ich leicht pervers, baumelten doch Artgenossen als Köder an der Leine. Nach einigem freundlichen Hin und Her und einer Konversation mit den Hauptelementen: "Capisci?" - "Scusi, non capisco.", ging er schließlich, uns freundlich zunickend weiter seiner Beschäftigung nach, und einige Minuten später sah ich, dass tatsächlich etwas an seiner Leine hin- und herschwang und er eilig seinen Kescher zückte. Die Beute wanderte in eine Plastiktüte, die er an den Gurt seiner Gürteltasche knotete und weiter ging's, er ließ die Schnur ins Wasser und streifte damit an den Felsüberhängen im Wasser entlang. Wieder hatte er Erfolg und kam nach Verstauen der Beute auf uns zu, weil er gemerkt hatte, dass wir ihn noch immer beobachteten. Die Bewegungen in der Plastiktüte entpuppten sich schnell als kleine Tintenfische (etwa 25-30 cm lang), die wohl nach der Flut sich an den schattigen Felswänden festhaltend auf Beute gewartet hatten. Nun waren sie selbst zur Beute geworden und schwuppdiwupp hatte ich einen von den kleinen glitschigen Gesellen freigiebig zu Demonstrationszwecken in die Hände gelegt bekommen. Dort hatte der aber nicht vor, zu verweilen, sondern kroch mit seinen Saugnapfarmen flugs an meinem Arm empor, wurde dann aber schnell von seinem Fänger abgelöst und in die Tüte zurück bugsiert. Ich war echt verblüfft über die schnellen Bewegungen und die Festigkeit des Saugnapfkontaktes und konnte mir jetzt erklären, wieso es zum Fangen keine Haken benötigt. Die kleinen Kraken warten, bis eine Beute nah genug ist, umschlingen sie dann mit den Armen und haben dann alle Zeit der Welt, sich gütlich zu tun (wenn nicht ihre vermeintliche Beute nur ein Köder ist).

Ich schien mich allmählich auf unsere Art der Kommunikation eingestellt zu haben, denn ich verstand von seinen Erklärungen immerhin so viel, dass es doch besser gar nicht ginge als auf diese Art, so könnte man sich ganz frisch versorgen anstatt in Geschäften weit transportierte Ware zu kaufen. Weiter draussen gäbe es auch größere "polpe" (seine Hand zeigte eine Höhe von 80-90 cm), deshalb müsse man aufpassen, die seien richtig schnell und könnten einen durchaus erwürgen. Für's Fangen der Kleinen müsse man ausnutzen, wenn die Felsen noch im Schatten lägen, weil sie keine Sonnenbestrahlung mögen, deswegen sei er morgen und spätnachmittags unterwegs.

Das war ein interessanter Vormittag, doch Jakob taten die Tintenfische so leid, der Gedanke, dass sie bald getötet und verzehrt würden machte ihm eine Zeit lang wirklich zu schaffen.

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